Eigentlich sollte der SNES-Titel Kid Kirby auf der E3 1995 der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Dazu kam es allerdings nicht. Zu den ganz wenigen Hinweisen auf diesen Titel gehörte seinerzeit eine
Erwähnung von Kid Kirby samt Promo-Bild in der Juli-Ausgabe des mexikanischen Nintendo-Magazins
Club Nintendo von 1995. Die Zeitschrift berichtete, dass in "in letzter Minute" entschieden
wurde, Kid Kirby nicht auf der Messe vorzustellen. Das Bild zeigt "Baby Kirby" mit Locke.
Man beachte auch "Baby Dedede" im Hintergrund und einen eigenartig geformten Bronto Burt oben rechts:

Scan von thewisk, gefunden im Forum
Lost Levels
Danach kam jedoch nichts mehr und der ungewöhnliche Kirby-Titel verschwand
sang- und klanglos auf dem Videospielefriedhof. 2007 jedoch kamen überraschend weitere Bilder ans Tageslicht,
und zwar durch den Account des Entwicklers Mike Dailly auf der Bilderplattform Flickr,
auf der einige Bilder zum Spiel veröffentlicht wurden, welche in einer
Galerie
vorzufinden sind (mit Ausnahme von "DRMBOSS").
Bei weiteren Bildern ist auch zu erfahren, dass Darren Baines, Martin Good, Patrick Kerr und Stewart Hunt
an der Entwicklung des Spiels beteiligt waren.
Entwickler von Kid Kirby war das schottische Studio DMA Design, heute unter dem Namen
Rockstar North aktiv, welches sich in den frühen Neunzigern mit Hits wie Lemmings und Unirally/Uniracers
einen Namen machte und heute vor allem für die an erwachsene Spieler gerichtete Grand-Theft-Auto-Reihe
bekannt ist. Wie der Titel Kid Kirby bereits andeutet, stand der ohnehin schon
junge Kirby in einer noch jüngeren Ausgabe im Mittelpunkt, welche sich durch
eine auffällige Locke von ihrem älteren Ich unterschied. Wie in
einem Interview
mit DMA-Gründer Dave Jones von 2006 zu erfahren ist, kam die Mouse des SNES zum Einsatz. Es heißt, dass
der mangelnde Erfolg jenes Zubehörs der Grund für das Ende von Kid Kirby geweisen sei und
die Steuerung mit einem Controller für diesen Titel inakzeptabel war.
Diese Informationen, einschließlich der Bilder, lassen aber auch nicht eindeutig darauf
schließen, worum es in Kid Kirby eigentlich ging. Doch glücklicherweise veröffentlichte
der frühere DMA-Entwickler James Watson (DudleySoft) eine Reihe von Fakten zum Spiel in zwei Blog-Einträgen:
einmal auf GiantBomb
und in einem weiteren Eintrag auf seiner Website.
So erfährt man, dass Kirby als Baby in der Hauptrolle auftrat und die Geschichte
aus Sicht einer älteren Version des Edelknödels erzählt wurde. In jener
Handlung wurde das Sternenzepter vom Traumbrunnen gestohlen, was der kleine Kirby
natürlich nicht tatenlos mitansehen konnte und umgehend zur Rettung des Zepters
aufbrach. An mehr kann sich Mr. Watson bezüglich der Story nicht erinnern.
Das Spiel wurde standardmäßig komplett mit der Mouse gespielt, welche
auch gleich im Lieferumfang enthalten sein sollte, da Kid Kirby nur
schwer mit einem normalen Controller zu spielen war. Kirby wurde nicht direkt
gesteuert, stattdessen bewegte der Spieler mit der Mouse einen Cursor in Form
einer Hand auf dem Bildschirm. Mit dieser Hand griff man quasi Kirby und zog
ihn mit der Mouse zurück. Dabei wurde Kirbys künftige Flugbahn angezeigt.
Ließ man Kirby los, flog er in die entgegengesetzte Richtung, in die man zuvor
gezogen hatte, vergleichbar mit einer Schleuder. Während Kirby in der Luft war,
konnte man ihn bis zu dreimal nach oben schlagen, oder auch nach unten. Es war
während der Flugphase auch möglich, das gerade gewählte Power-Ups,
wie ein Papierflugzeug oder einen Felsen, einzusetzen - welche Zwecke diese auch immer
erfült haben mögen.
Ziel in einem Level war es, Sterne einzusammeln und den Reifen am Levelende zu erreichen.
Insgesamt konnte der Spieler in 120 Leveln seine Geschicklichkeit unter Beweis stellen,
von denen es sich bei etwa der Hälfte um geheime Level handelte, die über
eine versteckte Tür zugänglich waren. Das Spiel bot auch einen
Zweispieler-Modus mit geteiltem Bildschirm (Split Screen),
in dem sich zeigte, wer seinen Edelknödel am schnellsten ans Ziel bringen konnte.
Als Nutzeroberfläche für Menüs usw. diente ein Fotoalbum, vermutlich
um zu verdeutlichen, dass das Spiel von Kirbys "Erinnerungen" handelt.
Wie bereits erwähnt, veröffentlichte Mike Dailly, ein weiterer Gründer
von DMA Design bzw. Rockstar North, im September 2007 eine Reihe von Bildern zu Kid Kirby auf
der Bilderplattform Flickr. Darunter befindet sich folgendes 3D-Artwork:
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Kirby: Der gelockte Kirby hat offenbar Hunger. Das Bettchen deutet auf sein
noch sehr junges Alter hin. Durch das Fenster kann man anscheinend den Traumbrunnen sehen.
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OCT1: Ein Oktopus-Gegner unter Wasser. Möglicherweise Flotzo aus
Kirby's Dream Land oder diesem zumindest nachempfunden.
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Des Weiteren offenbarte Mike Dailly die folgenden Sprites und Tiles:
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KIRBY2: Diverse Sprites, darunter von Kirby. Außerdem unter anderem eine
lodernde Flamme, ein unbekanntes Wesen (eventuell die Flamme laufend), Flaschen,
eine Hand, eine Art animierte Stange und eine kleine platzende Blase. Einige Sprites zeigen eine
besonders schnelle Drehung von Kirby. Laut James Watson handelt es
sich hierbei nicht um die eigentlichen Grafiken, sondern um alte Platzhalter.
So haben die richtigen Kirby-Sprites eine Größe von
24 mal 24 Pixeln.
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OZDA: Diese Tiles gehörten vermutlich zu einem
Strandlevel. Man beachte Details wie Grasbüschel, Sandburgen, Rohre
und Pfeilblöcke.
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OZ2: Unter diesen Tiles finden sich u.a. Rohre, T-Blöcke,
ein !-Block, ein Safe, eine Diskette und ein rotes Kreuz.
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TESTBLOX: Mit diesen Tiles sollte sicher eine Dschungel- oder Waldatmosphäre
geschaffen werden.
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Außerdem veröffentlichte Mr. Dailly einige große Levelkarten:
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LEWORK: Offenbar eine Art Fabrik. Man beachte die Laufbänder.
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CAVE8: Die Tropfsteine und Totenschädel in dieser Höhle
sehen nicht besonders einladend aus. Welche Funktion wohl die Fontänen hatten?
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DNEW: In diesem bunten Level sollte Kirby wohl über die zahlreichen Rampen kullern.
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ICE4: In diesen eisigen Gefilden möchte man sich lieber nicht verirren.
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KENOUT: Offensichtlich war hier eine Burg der Ort des Geschehens.
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LAB1: Einige durchsichtige, teilweise auffällig gefärbte Objekte sind hier zu sehen.
Die Röhre links oben diente sicher als Transportmittel für Kirby.
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TUBE9: Der düstere Untergrund.
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SEWER3: Was es wohl mit den vielen Gittern auf sich hat?
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DRMBOSS: Hier musste der Spieler sicherlich einen dramatischen Bosskampf
beim Traumbrunnen bestehen.
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Das ist dann auch praktisch alles, was bisher zu Kid Kirby bekannt wurde.
Ob überhaupt noch eine funktionsfähige Version existiert und ob diese je
veröffentlicht wird, bleibt ungewiss.
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